Gemeinde Wilstedt

Homepage der Gemeinde Wilstedt anlässlich der 1150-Jahr-Feier im Jahre 2010


Gemeinde Wilstedt

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Die Wilstedter Kirche und ihre Geschichte

von Ingrid Marten und Hermann Meyer Rektor i.R.*

Christianisierung

Die Christianisierung im sächsischen Gau Waldsati, zu dem Wilstedt gehörte, begann während des 30-jährigen Krieges, den Karl der Große gegen die heidnischen Sachsen unter ihrem Herzog Widukind führte. Eine Sage berichtet, dass der Schlusskampf 796 auf der Wullenheide zwischen Vorwerk und Wilstedt stattfand. Kaiser Karl siegte. Er hielt Strafgericht und siedelte etwa 10000 Sachsen ins Frankenland um. Missionar in dieser Gegend war Willehad. 787 wurde er zum Bischof geweiht, er starb aber zwei Jahre später bereits. Im Bremer Dom fand er sein Grab. Es ist denkbar, dass schon bald nach Karls Tod Wilstedt zu einem großräumigen kirchlichen Mittelpunkt gesetzt wurde, vielleicht zunächst mit einer kleinen Betkirche (Oratorium). Die ersten größeren Kirchen entstanden vermutlich in Selsingen und Sottrum.

Willianstede

Ansgar, Apostel des Nordens und erster Erzbischof von Hamburg/Bremen (847-865), ließ Geschichten von Wunderheilungen sammeln und aufschreiben. In dieser Sammlung „Miracula“ von 860 ist der Name „Willianstede“ (Wilstedt) erwähnt. Aufgrund dieser Angaben beging Wilstedt 1960 das 1100-jährige Jubiläum. Urkundlich belegt ist ferner, dass das Kloster Rastede lange Zeit das Patronat über die Kirche, Pfarre und Küsterei zu Wilstedt innehatte. Nach der Säkularisation (1803) erhielten die Landesherren von Oldenburg das Patronat. Letzter Patron bis 1923 war der Großherzog von Oldenburg. Im Kloster Rastede liegen Gräfin Gwilla und deren Gemahl Huno begraben. Sie hatten es 1057 gegründet und ihm ihre Besitzungen in Sachsen vermacht. Ob sie den Bau einer festen Kirche in Wilstedt um 1060 initiiert haben, ist anscheinend nicht mit Sicherheit nachweisbar. Nach einer Untersuchung von H.W. Behrens ist eine massive und feste Kirche in Wilstedt erstmals 1190 urkundlich belegt.

Reformation

Die Reformation erfasste 1540 die meisten Gebiete unserer Region. In das Stift Verden jedoch, dazu gehörte Wilstedt, hielt sie erst etwa 20 Jahre später Einzug. Der damalige Bischof Christoph hatte sich bis dahin erfolgreich dagegen wehren können. Nun musste auch in der Wilstedter Kirche evangelischer Gottesdienst den katholischen ablösen.

Neubau der Kirche

Am 9. Februar des Jahres 1722 ritten zwei Männer von Wilstedt nach Stade. Es waren der Pastor von Wilstedt, Gerhard Bertholdi, sowie der Bauer und Jurat (Kirchenvorsteher) Cordt Kahrs aus Quelkhorn. Zu jener Zeit gehörten die Dörfer Fischerhude und Quelkhorn noch zum Kirchspiel Wilstedt, obgleich es in Fischerhude schon eine Kapelle mit einem fest angestellten Prediger gab. Im Jahre 1859 wurde die Kirchengemeinde Fischerhude selbständig. Jene beiden Männer waren sich darüber einig, dass Wilstedt eine neue Kirche haben musste, weil diese baufällig war und außerdem die Zahl der Gläubigen nicht mehr aufnehmen konnte. Die Gemeinde war aber zunächst mit einem Neubau überhaupt nicht einverstanden gewesen. In dieser alten Kirche hatte sie über fünfhundert Jahre ihre Gottesdienste abhalten können. Warum sollte es nun nicht mehr möglich sein? Und woher sollte man das Geld nehmen? Pastor Gerhard Bertholdi hatte manchen Widerstand zu überwinden. Erst Ende des Jahres 1721, als der Amtmann des Amtes Ottersberg, Strackerjan, und der Ratsbaumeister Dreyer aus Stade im Auftrage des Stader Konsistoriums nach einer Besichtigung der Wilstedter Kirche ihr Urteil abgegeben hatten, zeigte sich die Gemeinde aufgeschlossener und gab ihren Widerstand auf. In Stade besprachen Pastor Bertholdi und Jurat Cordt Kahrs die Durchführung des Neubaus mit dem dortigen Ratsbaumeister und Maurermeister Anthon Dreyer. Der Bau konnte dann im Laufe der Jahre 1722/23 durchgeführt werden. Lediglich der Turm blieb stehen; er wurde 1744 zum Teil erneuert. Bei allen Arbeiten halfen die Einwohner des Kirchspiels tatkräftig mit, um die Ausgaben zu verringern. Ein Viertel der Bausumme brachte die Gemeinde außerdem durch freiwillige Gaben auf. Das steinerne Portal am Nordeingang der Kirche wurde von dem Steinhauermeister Mathies Bödecker aus Bremen gesetzt.

Er schrieb darüber das Gebet:

„Herr, segne dies dein Haus, so ist es wohl gesegnet.
Gib Segen, wenn dein Wort auf dürre Herzen regnet.
Lass deine Christgemein so gehen in dein Haus,
dass sie an ihrer Seel gesegnet geh hinaus.”

Darunter steht der Spruch aus dem Psalm 26, Vers 8 und 7:
„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses,
und den Ort, da deine Ehre wohnet.
Da man höret die Stimme des Dankes,
und da man predigt alle deine Wunder.'

Links über der Seitentür an der Nordwand der Kirche befindet sich ein aus Stein gehauenes Kreuzigungsmotiv in spätgotischer Auffassung. Unter dem Kreuz stehen Maria und Johannes, der Lieblingsjünger Christi. Die Kanzel stammt aus der alten St. Gertrudskirche zu Stade. Sie wurde zusammen mit dem Altar von dem Bildhauermeister Theopilus W. Frese aus Bremen und seinem Gesellen neu bearbeitet. Der Taufstein einschließlich Becken, den Woller Timmeken der Kirche 1647 „verehrt' und den vermutlich sein Sohn Lüthge Timmeken im Jahre 1681 hat malen lassen, stammt noch aus der alten Kirche.

Pastor Gerhard Bertholdi, der seine ganze Kraft für den Neubau der Kirche eingesetzt hatte, starb 1749 in Wilstedt. Er wurde unter dem Altar der neuen Kirche beigesetzt, wie auch seine Frau und seine Eltern. Hieran erinnert uns der Grabstein, der heute innerhalb der Kirche an der Turmwand steht.

Kirchenorgel

Bis 1825 hatte das Gotteshaus keine Orgel. Der Wunsch, eine solche zu besitzen, ging nicht von dem Pastoren, sondern von der Gemeinde aus. Die Kosten des Orgelbaus wurden auf eine heute eigenartig anmutende Weise beglichen. Die Kirchenbesucher — in Wilstedt war früher der Kirchenbesuch Zwang — hatten in der Kirche ihre festen Plätze, die sie durch Entrichtung eines bestimmten Geldbetrages pachten oder erwerben mussten. Die Plätze in der Nähe von Kanzel und Altar waren die teuersten. Von diesen blieben einige den Kirchenvorstehern, den Lehrern, der Pastorenfamilie, dem Adel und dem Küster vorbehalten. Um weitere Plätze zu gewinnen, sollte über der Westempore eine zweite Empore gebaut werden. Auf dieser ließen sich die Orgel und mehrere neue Kirchenbänke unterbringen. Hier sollten in Zukunft die Lehrer und der Küster ihre Kirchenplätze erhalten. Dann konnten ihre früheren Plätze verkauft und aus dem nicht geringen Erlös nahezu alle Orgelbaukosten bestritten werden. Das geschah. Auch wurde in allen Dörfern des Kirchspieles noch für die Orgel gesammelt. Tarmstedt gab am freudigsten. Die Fischerhuder dagegen verabredeten sich, noch ehe die Kirchenvorsteher zu ihnen kamen, nichts zu geben. Sie strebten schon seit Jahrhunderten nach einer eigenen Pfarre, zumal sie bereits ein Kirchengebäude, allerdings ohne Orgel, besaßen. Am 29. April 1824 begann der Orgelbauer Tappe aus Verden mit dem Bau der Orgel. Am 9. Januar 1825 .wurde sie eingeweiht. Leider war die Orgel sehr schlecht gebaut. Schon nach 9 Jahren erwies sich eine Grundüberholung als notwendig. Trotzdem schien man später nicht mehr zufrieden gewesen sein, denn bereits im Jahre 1917 wurde abermals mit einer Sammlung für eine neue Orgel begonnen. Durch die Inflation wurde aber dieser Plan durchkreuzt. Die damaligen Pläne konnten erst 1947 wieder aufgegriffen werden. Ihre Verwirklichung scheiterte an der Währungsreform von 1948. Im Winter 1949/50 erhielt Kirchenmusikdirektor Hoppe, Verden, den Auftrag, die vorhandenen Pläne nochmals zu überarbeiten. Sie wurden in verbesserter Form vorgelegt, so dass schließlich der Bauauftrag an die Firma Ott in Göttingen erteilt werden konnte.

Am 20. September 1953 erklang dann die neue Orgel zum ersten Mal. Sie umfasst 23 klingende Register auf Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal und besitzt Schleifladentraktur. Teile der alten Orgel, u. a. einige Pfeifen, wurden wieder verwendet.

Kirchenglocken

Von den ersten beiden Kirchenglocken, die zum Gottesdienst riefen, ist uns keine erhalten geblieben. Die kleinere von ihnen zersprang 1914 beim Einläuten des Gottesdienstes. Sie wurde dann im Verlaufe des ersten Weltkrieges abgeliefert. Von der großen Glocke wissen wir, dass sie aus dem Jahre 1896 stammt. Diese musste am 1. Mai 1942 heruntergelassen und für Kriegszwecke abgegeben werden. Unsere jetzige kleine Glocke erhielt die Gemeinde im Jahre 1921 unter Pastor Gotthilf Cuntz. Sie trägt zur Erinnerung an ihre Vorgängerin die Worte: „Herr Gott, gib Frieden deinem Lande! Kehre wieder! 1914+1921.' Am 28.8.1957 erfolgte bei der Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen, die auch unsere Glocke aus dem Jahre 1921 lieferte, der Guss unserer jetzigen großen Glocke. Diese wurde am 6. Oktober 1957 beim Erntedankfest eingeweiht. Bei einem Gewicht von 1030 kg beträgt ihr Durchmesser 115 cm. Sie ist auf den Ton „F' gestimmt. Ihre Inschrift lautet: „Gestiftet von der Kirchengemeinde Wilstedt, 1957. 0, Land, Land, Land, höre des Herrn Wort! Jerm. 22, 29.' Weil sie die Gemeinde zum Glauben erwecken soll, erhielt sie den Namen „Erweckungsglocke'.

Kirche in den 50er Jahren vor der Turmrenovierung
Kirche in den 50er Jahren vor der Turmrenovierung
Kirche nach der Turmrenovierung von 1958
Kirche nach der Turmrenovierung von 1958

Nachdem das Gotteshaus über 200 Jahre seiner Bestimmung gedient hatte, erwies sich abermals eine Grundüberholung als notwendig. Witterungseinflüsse und die Folgen der Kampfhandlungen im letzten Kriege hatten große Schäden angerichtet. Unter der Leitung des Bremer Architekten Jan Noltenius begannen am 22. September 1958 folgende Erneuerungsarbeiten: Am Turm wurde das Gesims neu gemauert, der Putz abgeschlagen, die gesamte Außenfläche neu verfugt und hell gestrichen. Das von Schwamm und Wurm befallene Balkenwerk des Turmes wurde herausgenommen und neues eingezogen. Diese schwierige Aufgabe löste Zimmermeister Hermann Ruschmeyer, Wilstedt, mit seinen Gesellen. Anschließend erhielt der Turm anstelle der Schieferplatten eine neue Kupferbedachung. Mit einer Feierstunde am 1. Dezember 1958 fanden die Arbeiten zur Turmerneuerung ihren Abschluss. Anstatt der alten Wetterfahne wurde dabei ein zwei Meter hohes, vergoldetes Kreuz auf der Turmspitze errichtet. Es steht auf einer Weltkugel, die eine Urkunde und einige Münzen enthält.

Am 20. Juli 1959 begann die Erneuerung des Innern der Kirche. Es gelang dem Architekten Jan Noltenius und dem Kirchenmaler Hermann Oetken (Delmenhorst), den Altarraum durch Einziehen einer Rückwand geschlossener und eindrucksvoller zu gestalten, sowie durch neue Farbkontraste Altar und Kanzel stärker als bisher hervortreten zu lassen. Bei der Restaurierung entdeckte Kirchenmaler Oetken, der im Übrigen die gesamte Farbgebung für das Gotteshaus bestimmte, dass verschiedene alte Schriftworte früher einmal übermalt worden waren. So stand z. B. vor der Erneuerung unserer Kirche auf der Kanzeltür das Wort „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Luk. 11, 28', jetzt aber ist das ursprüngliche Wort „Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst. Exodus 4, 12' hervorgeholt worden. Am Schalldeckel der Kanzel fanden sich die Worte „Ihr seid es nicht, die da reden, sondern meines Vaters Geist ist es, der durch euch redet, Math. 10, 20'. Über der Tafel mit den Einsetzungsworten wurde das Schriftwort „Musste nicht Christus solches leiden? Luk. 24, 26' freigelegt. Man nimmt an, dass noch früher an dieser Stelle ein Kreuzigungsbild zu sehen gewesen ist. Steht man gerade vor dem Altar, so fällt der Blick auf das am Sockel der Kanzel wieder entdeckte Wort „Salvator'. (Retter, Heiland), über dem der Retter mit einer Erdkugel, auf der das Kreuz steht, und einem Stab dargestellt ist. Die gleiche Figur befindet sich noch einmal auf der Spitze des Altars, der mit seinen Figuren aus der Zeit des Barocks (1650-70) stammt. Außerdem ließ die Kirchengemeinde die engen alten Bänke durch ein neues, bequemeres Gestühl ersetzen, das am Ende jeder Bank ausziehbare Notsitze aufweist. Dadurch verringerte sich der Verlust von Sitzplätzen im Hauptschiff.

Der Durchblick vom Hauptschiff sowie von den Emporen zum Altar konnte dadurch verbessert werden, dass die Emporen auf beiden Seiten um je ein Feld verkürzt und in Richtung Altar verjüngt wurden. Weitere Verbesserungen erstreckten sich auf das Neuverlegen der Zentralheizung, die in diesem Jahr von Koks auf Ölfeuerung umgestellt worden ist. Ferner erhielt das Tonnengewölbe des Kirchenschiffes einen neuen Verputz, der auf einem nicht rostenden Putzträger angebracht wurde.

Anstelle der Kreuze, die zur Erinnerung an die Gefallenen des letzten Krieges an den früheren Emporen hingen, ist im Turm eine Ehrenhalle für alle Gefallenen des Kirchspiels Wilstedt geschaffen werden.

Pastoren

Das seit dem Jahre 1791 geführte Kirchenlagerbuch nennt uns die Namen der Pastoren, die in der Kirche und den Gemeinden des Kirchspiels wirkten.

Es sind verzeichnet:


PastorenZeitraum
1.Eberhardus Holtmann1570
2.Johann Pauli 
3.Christian Hoddersengestorben 1650
4.Nicolaus Heitmann1662
5.Eimerus Wirichs1674
6.Johann Christoph Bertholdi aus Scheibenberg bei Meißen
(sein Grabsein steht in der Kirche
bis 1690
7.Nicolaus Jehsen aus Tondern (Schwiegersohn von Nr. 6) B. Gerhard 
8.Bertholdi (Erbauer der jetzigen Kirche Sohn von Nr. 6)1714 bis 1749
9.Johann Friedrich Bertholdi (Sohn von Nr. 8)1749 bis 1763
10.Samuel Delius (Erbauer des Pfarrhauses)1765 bis 1820
11.Heinrich Gottlieb Rodde??? bis 1850
12.Carl Heinrich Eduard Ocker1850 bis 1874
13.August Wilhelm Theodor Heinrich Stakemann1874 bis 1909
14.Gotthilf Cuntz1909 bis 1923
15.Ernst Lienhop1924 bis 1937
16.Wilhelm August Schramm1938 bis 1939
17.Pastor i. R. Hüffmeier1939 bis 1941
18.Vakanzvertreter: Pastor Scheele und Superintendent Frerichs1941 bis 1945
19.Pastor Lent, Tarmstedt1945
20.Heinrich Dunker1945 bis 1955
21.Georg Arnold Lorenz Böker1955 bis 1970
22.Martin Behr1971 bis 1982
23.Norbert Hintzab 1984

Wegen des Gemeindenamens „Kirchengemeinde Wilstedt“ für alle Dörfer, sowie wegen der Urlaubsvertretung und der Vakanzvertretung durch die Pastoren in allen Dörfern sei die Nennung der Pastoren angemessen:


PastorenZeitraum
 Michael Bergner1973 bis 1992
 Walter Holthusen1992 bis 2003
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