Gemeinde Wilstedt

Homepage der Gemeinde Wilstedt anlässlich der 1150-Jahr-Feier im Jahre 2010


Gemeinde Wilstedt

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Überregionale Bedeutung

von Pastor Norbert Hintz

Das Kirchspiel Wilstedt
mit seinem Einfluss auf die weite Welt
und mit dem Beeinflusstwerden von der weiten Welt


Kirchenschiff
Kirchenschiff
Kirchenschiff
Kirchenschiff

Die folgenden Seiten nehmen einen Einzelaspekt in den Blick, der mir in meiner Zeit als Pastor von Wilstedt (1984 bis 2010) immer wieder und immer mehr wichtig wurde: Die relativ kleine und abgelegene Kirchengemeinde Wilstedt hat eine Außenwirkung in verschiedene Kontinente, Länder und Orte der Welt. Und diese Kontakte haben auch immer Rückwirkungen für das (kirchliche) Leben vor Ort gebracht.

Ich schreibe weniger als akribischer Historiker, der Personennamen, Jahreszahlen und Orten präzise nachgeht, sondern eher als jemand, der etwas spürt von diesen Beeinflussungen.

Kirche für andere - so sollte es eigentlich überall in den Kirchengemeinden sein-.

Eine Kirchengemeinde ist nie nur für sich selbst da oder für die Region, in der sie angesiedelt ist. Christsein, Kirchengemeindesein bedeutet nach dem Auftrag des Herrn der Kirche(n): Bewegung und Ausstrahlung nach außen in die weite Welt.

Der Urimpuls dafür stammt aus dem Mund des auferstandenen Jesus Christus:

Jesus trat herzu und sprach zu den Jüngern:

[pclass=kirche_zitat]„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.
Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker:
Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes
und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.
Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

(Matthäus-Evangelium Kapitel. 28 Vers 18 – 20)

Weil aber die ganze Christenheit in den Leib Christi eingebettet ist, geschieht nahezu automatisch vor Ort das Aufnehmen von Lebensmerkmalen des Christlichen auch aus anderen Ländern in das Innere der einzelnen Kirchengemeinde:

Der Apostel Paulus fasst dies Phänomen in wenigen Worten zusammen:

[pclass=kirche_zitat]„Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat,
alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind,
doch ein Leib sind: so auch Christus.
Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft,
wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie,
und sind alle mit einem Geist getränkt.
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele“.

(1.Korintherbrief Kapitel 12 Verse 12 – 14)


Doch vorweg eine geschichtliche Frage:

Wie mag diese doppelte Bewegung für die Kirchengemeinde Wilstedt begonnen haben?

Missionsfreunde in Tarmstedt hatten Kontakt zu Pastor Ludwig Harms in Hermannsburg und der dort von ihm im Jahr 1849 gegründeten Hermannsburger Missionsanstalt. Der damalige Wilstedter Pastor Stakemann (vor Ort wirksam in den Jahren 1874 – 1909) war davon nicht begeistert! Seine Stärke lag eher bei dem gewiss auch nötigen Entwickeln des wirtschaftlichen Standortes Wilstedt! Er war z. B. im Jahr 1886 Mitbegründer der Sparkasse in Wilstedt.

Pastor Ludwig Harms (1808 - 1865) - festverwurzelt im Pfarramt in Hermannsburg bei Celle. Präger in Südafrika durch junge Bauern, die er ausbildete, um dort christlichen Glauben und ertragreiche Land- und Viehwirtschaft mit den Menschen zu teilen.
Pastor Ludwig Harms (1808 - 1865) - festverwurzelt im Pfarramt in Hermannsburg bei Celle. Präger in Südafrika durch junge Bauern, die er ausbildete, um dort christlichen Glauben und ertragreiche Land- und Viehwirtschaft mit den Menschen zu teilen.

Wie bis heute im Dorf tradiert und erzählt wird, war Pastor Stakemann in seiner kirchlichen Arbeit kein sehr strenger Gemeindeleiter. Kaufmännische Geschäfte und juristische Auseinandersetzungen aber haben ihn eher angezogen! Die Studenten des Missionsseminars Hermannsburg – damals Missionszöglinge genannt - waren als oft frisch bekehrte Christen für Pastor Stakemann in seiner Abgeklärtheit eine Antipode.

Und doch mussten beide Seiten miteinander klarkommen. Die innere und sichtbare Bereitschaft in der Hermannsburger Missionsanstalt mitzuwirken, kennzeichnete fortan die Kirchengemeinde Wilstedt. Bis in die Jetztzeit hinein. Aus diesem Grund fand im September des Jahres 2008 ein Gedenkgottesdienst in der St. Petri-Kirche Wilstedt statt, in dem ein Nachfahre des Missionsgründers, Pastor Dr. Hartwig Harms, als Prediger kam. Der Anlass dazu war der 200. Geburtstag des Missionsgründers Ludwig Harms.

Kirche für andere!

Eine innerlich gesunde Kirchengemeinde hat „andere“ im Blick. Wer in die schlichte Pfarrchronik schaut, muss feststellen, dass mit dem Kommen von Herrn Pastor Georg - Arnold Böker ein zusätzlicher Aufwind begann!
Neben den traditionellen Kontakten zur Hermannsburger Missionsanstalt, kamen verstärkte Kontakte zur Liebenzeller Mission. In diesem Werk wurde Werner Fredrich zum Missionar ausgebildet und in den Bereich Ozeaniens ausgesandt. Ähnlich dürften die Kontakte zustande gekommen sein zum WEK ( Weltweiter Evangelisationskreuzzug). Seit langer Zeit umbenannt in WEC ( Weltweiter Einsatz für Christus). Kinder aus der Familie Böker wirken bis heute in diesem Missionswerk. Mit einem anmerkenden Satz sei auch erwähnt, dass die Mission innerhalb der Ortsgemeinde (Volksmission und Evangelisation) in gleicher Weise intensiviert wurde. All diese Veränderungen sind im Kirchenvorstand und in der Gemeinde kontrovers diskutiert worden.
Herr Pastor Martin Behr (1971 bis 1982) konnte dies in guter Weise auffangen und dialogbereiter in eine nächste Phase begleiten.

Herr Pastor Michael Bergner kam mit seiner Ehefrau im Jahr 1973 zur Verstärkung in die Kirchengemeinde. Bergners wirkten dort bis 1992. Die Eheleute setzten in Tarmstedt Schwerpunkte, die zukunftsweisend waren. Viele wurden in den stärker werdenden Zentralpunkt an der Trift hineingezogen.

Die beiden Pastoren Behr und Bergner brachten den Gemeindemitgliedern die Möglichkeit zum Austausch mit südafrikanischen Christen durch die sogenannte „Polokwane Partnerschaft“.

Ein Circuit einer lutherischen Kirche in Südafrika ging eine Partnerschaft mit dem ev.-lutherischen Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck ein. In den guten Jahren bedeutete das eine lohnende Kommunikation im geistlichen, alltäglichen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich. Besuchsreisen von Delegationen begannen, Projekte in der Polokwane Region wurden diskutiert und „auf den Weg gebracht.“ Das vom Zeitgeist vorgegebene Ideal einer „überkontinentalen Lerngemeinschaft“ wurde damit -soweit es ging- ernst genommen. Enttäuschungen bleiben bis heute auf beiden Seiten nicht aus.

Vikare, die durch die Pastoren Behr und Bergner angeleitet und geprägt wurden:

Durch die persönliche Bindung an das Missionswerk in Hermannsburg, sowie die Begabung, junge Theologen im Ausbildungsweg zu fördern, sind eine Reihe von Vikaren in der Kirchengemeinde Wilstedt für die praktisch-pastorale Arbeit angeleitet worden.

Ich nenne ohne den Anspruch auf Vollständigkeit folgende Namen:
Rolf Helwig, Helmut Grimmsmann, Wolfgang Fromm, Rolf Fröhlich und Günter Brunkhorst.
Diese jungen Theologen brachten neue Gedanken in eine -institutionell gesehen- alte Kirchengemeinde.
Neben den freundschaftlichen Kontakten –manchmal wurden daraus verwandtschaftliche Kontakte!- kam es auch zu langfristiger Gemeindebeeinflussung.

Aus der Sorge vor einem je länger je mehr festgelegten ( festgefahrenen ? ) landeskirchlich gezähmten Missionswerk, kam es zur Gründung eines Missionsvereins. Er sollte ( wie auch die weitflächigere Hermannsburger Missions Gemeinde Bewegung, gegründet 1959 ) als eine dynamische Ergänzung oder sogar als Korrektiv wirken.

Dies hat viele Jugendliche in den 60iger Jahren beeinflusst und ganz gewiss dazu geführt, dass die Liebe und Verpflichtung gegenüber dem globalen und zeitlich unbegrenzten Missionsauftrag Jesu Christi frisch und kraftvoll in einer ideologisch unruhigen Zeit tragend blieb.

Ist auch dieser Missionskreis als Verein verblasst, finden sich doch einige aus diesem Kreis wieder in der ( oben schon erwähnten ) HMGB. Die Kirchengemeinde Wilstedt ist dadurch „vernetzt“ mit anderen ev.-lutherischen Kirchengemeinden (u.a. Sittensen, Selsingen, Heeslingen, Bargstedt, Ahlerstedt und Harsefeld).
Die Missionswochenenden routieren von Gemeinde zu Gemeinde und halten den Glauben und die Liebe zur weltweiten Dimension der Kirche wach. Das geistliche und finanzielle und zeitliche Engagement kommt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ev.-lutherischen Missionswerks Hermannsburg zu gute.

Die Diasporaarbeit des Martin-Luther-Bundes

Ob man die Diasporaarbeit [ = die partnerschaftliche Unterstützung von evangelischen Minderheiten im Ausland. ] nun im vollen Sinne „Mission“ nennen darf, sei dahingestellt! Jedoch entstand schon um den Pastoren Ludwig Adolf Petri (1803 - 1873), Hannover ein „Hilfskreis“ für die ausgewanderten Lutheraner des 19.Jahrhunderts. Die partnerschaftliche Hilfe für die dort entstehenden lutherischen Kirchen setzt sich fort.

Seit Anfang der 70er Jahre wuchs ich mehr und mehr in dies Werk hinein. Seit 2006 bin ich 1. Vorsitzender des Martin-Luther-Bundes Hannovers.

In den letzten Jahrzehnten kam auf uns ein großer Arbeitsschwerpunkt hinzu. Die Umwälzungen im Ostblock bringen die Chance, dort Lutheraner in der Minderheit zu unterstützen (dies geschieht als verlängerter Arm der Vereinigten Evangelisch lutherischen Kirche Deutschlands).

Alte und junge Menschen aus den ehemalig kommunistischen Ländern kommen auch in unsere Region, werden dort zu Bürgerinnen und Bürgern und sind offen für einen (erneuten?) Kontakt zur evangelisch-lutherischen Kirche vor Ort.

Zeitschriften, Kleinschriften, Katechismen und Bibeln in der gewohnten Sprache des Ostens signalisieren den Neuzugezogenen Akzeptanz und Freundlichkeit der Einheimischen. Taufunterricht zweisprachig wird möglich und angenommen.

Die Arbeit in der ELKRAS

Manches fügt sich ohne letzte Begründung! Schon 1965 lerne ich im Zusammenhang meines Praktikums in der Volksmission unserer Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers in der Kirchengemeinde Bad Grund Pastor Siegfried Springer kennen. Der Kontakt überdauerte Jahrzehnte -unterschiedlich intensiv-. Seit 1992 ist jener Freund Bischof der Regionalkirche „Europäisches Russland“( Bereich Ural-Moskau-Petersburg-Kaliningrad ). Der Bischof bat und bittet um Hilfe! Es kam durch mich zunächst zum Herstellen des Kontakts zwischen dem Bischof und dem ehemaligen Wilstedter Pastor Martin Behr, der schon Ruheständler war. In vielen grundlegenden Arbeitsphasen in der Gemeinde der St. Peter-Paulskirche Moskau, wurden durch ihn in Grundkursen des Glaubens Menschen geprägt, die heute zum Teil leitende Positionen innerhalb der lutherischen Gesamtkirche Russlands einnehmen.

2002 folgten meine Frau Elisabeth und ich der Einladung von Bischof Springer, die Tage der Synode geistlich zu begleiten. Nun setzte sich die „shuttle-mission“ für uns regional fort.

In den Folgejahren wirkten wir an der Aus-und Fortbildung von Mitarbeitenden in der Kirche mit. Vier Jahre lang wurden Studientage in der Stadt Sterlitamak / Westural abgehalten.

Seit 2008 hat es sich ergeben, dass ich für Fernstudenten am Theologischem Seminar der Lutherischen Kirche Russlands in St. Petersburg / Novosaratovka Vorlesungen halte. Diese Fernstudenten werden nach dem Studienabschluss meist neben einer Geld erbringenden eigenen Berufstätigkeit verbindlich in Ortsgemeinden pastorale Leitungsaufgaben übernehmen.

Zwei Absolventen des Seminars zum Praktikum in der Kirchengemeinde Wilstedt-Tarmstedt

Gelegenheit macht nicht nur Diebe! Gelegenheiten ermöglichen auch Kontakte! Durch die Lehrtätigkeit kam es auch zu einer Anfrage eines Seminardozenten, der für die Praxisanleitung verantwortlich ist. Sein Anliegen war, Frau Elena Kurmushova eine Praktikumszeit in Diakonie, Krankenhaus, Seelsorge in der Diakonie-Sozialstation der Kirchengemeinde Wilstedt-Tarmstedt zu ermöglichen. Nachdem der Pflegedienstleiter und Geschäftsführer der Diakoniestation hierfür Offenheit signalisierte, konnte der Kirchenvorstand die Einladung aussprechen.

Frau Elena Kurmushova arbeitete vormittags in der Diakoniestation, Nachmittage und Abende führten zu Erfahrungen in weiteren Feldern der Gemeindediakonie im weitesten Sinne. Am Dienstag war Frau Kurmushova stets im Martin-Luther-Krankenhaus bei den sogenannten „Grünen Damen“ des Besuchsdienstes tätig. Auch in die Arbeit der kirchlichen Frauenarbeit in der Kirchengemeinde und auf Kirchenkreisebene erhielt sie Einblick.

Im August 2009 hat Frau Kurmushova am Theologischen Seminar ihr Kolloquium bestanden. Jetzt geht es um das „Einfädeln“ in den diakonischen Dienst in St. Petersburg im Auftrag der Lutherischen Kirchengemeinde St. Petri und St. Paul.

Auf einer etwas anderen Schiene kam Pastor Thomas Graf Grote für ein kurzes Praktikum zu Herrn Pastor Kottmeier ins Pfarramt Tarmstedt.

Der Referent des Missionswerkes Pastor Helmut Grimmsmann (er ist früher in Wilstedt Vikar gewesen!) suchte den Kontakt mit Pastor Kottmeier, um in einer Praktikumszeit Pastor Graf Grote Einblick in die Kirchengemeindearbeit in Deutschland zu gewähren.

Pastor Thomas Graf Grote ist von Geburt Deutscher. Schon in der Jugend war er Mitglied in der christlichen Pfadfinderschaft. Beruflich ist er examinierter Förster. Wegen der Arbeitsplatzengpässe in Deutschland zog es Thomas Graf Grote als Holzfachmann nach Sibirien, in die Region Irkutsk. Dort kam er ungewollt und schnell in Kontakt mit gefährdeten Kindern und Jugendlichen. Als Pfadfinder und aus der Not sich ergebender „do it yourself“ Kompetenz begann er in Schelechov bei Irkutsk eine soziale Arbeit mit drogengefährdeten Jugendlichen; Begleitung einer Pfadfinderarbeit. Es entwickelte sich eine Gemeindearbeit in Schelechov und es kam zur Gründung einer Gemeinde in Irkutsk. Außerdem besucht Thomas Graf Grote verstreut lebende lutherische Gemeinden (z.B. Pichtinsk) im Umland.

Dies alles ist auf Dauer nicht als Pfadfinder und aus der Not sich ergebenden „do it yourself“ Kompetenz möglich. Der „Deutsche“ Thomas Graf Grote durchlief die vielen Zessionen des Fernstudiums an dem Lutherischen Theologischen Seminar in St. Petersburg und wurde später zum Pastor ordiniert. Er nahm Kontakt auf mit dem Evangelisch-lutherischen Missionswerk Hermannsburg. Nach langen Erwägungen hat das Missionswerk Pastor Graf Grote in die Mitarbeiterschaft aufgenommen, damit er nicht weiterhin „freischwebend“ ohne soziales Auffangnetz mit seiner Frau Evgenia und den 3 Kindern leben muss.

Ein Zwischengedanke zur Vergewisserung

Vom Forstwirt in Deutschland zum Pfleger von 'vereinzelten Pflanzen' in der Nähe von Irkutsk/Sibirien. Das ist Pastor Thoma Graf Grote. Mit seiner Frau und vielen ehrenamtlichen Helfern ermutigt er für Jahrzehnte isoliert lebende Volksgruppen wieder sich für andere Menschen zu öffnen. Möglicher Begegnungspunkt ist der christliche Glaube, der in vielen Facetten gelebt wird. Aber Vertrauen wird möglich durch den einen Herrn Jesus Christus
Vom Forstwirt in Deutschland zum Pfleger von 'vereinzelten Pflanzen' in der Nähe von Irkutsk/Sibirien. Das ist Pastor Thoma Graf Grote. Mit seiner Frau und vielen ehrenamtlichen Helfern ermutigt er für Jahrzehnte isoliert lebende Volksgruppen wieder sich für andere Menschen zu öffnen. Möglicher Begegnungspunkt ist der christliche Glaube, der in vielen Facetten gelebt wird. Aber Vertrauen wird möglich durch den einen Herrn Jesus Christus
Vom Forstwirt in Deutschland zum Pfleger von 'vereinzelten Pflanzen' in der Nähe von Irkutsk/Sibirien. Das ist Pastor Thoma Graf Grote. Mit seiner Frau und vielen ehrenamtlichen Helfern ermutigt er für Jahrzehnte isoliert lebende Volksgruppen wieder sich für andere Menschen zu öffnen. Möglicher Begegnungspunkt ist der christliche Glaube, der in vielen Facetten gelebt wird. Aber Vertrauen wird möglich durch den einen Herrn Jesus Christus
Vom Forstwirt in Deutschland zum Pfleger von 'vereinzelten Pflanzen' in der Nähe von Irkutsk/Sibirien. Das ist Pastor Thoma Graf Grote. Mit seiner Frau und vielen ehrenamtlichen Helfern ermutigt er für Jahrzehnte isoliert lebende Volksgruppen wieder sich für andere Menschen zu öffnen. Möglicher Begegnungspunkt ist der christliche Glaube, der in vielen Facetten gelebt wird. Aber Vertrauen wird möglich durch den einen Herrn Jesus Christus

Begonnen habe ich diese Erwägungen in diesem Jubiläumsbuch „1150 Jahre Wilstedt“ mit dem Gedanken:

- Kirche für andere - so sollte es eigentlich überall in den Kirchengemeinden sein.

Eine Kirchengemeinde ist nie nur für sich selbst da oder für die Region, in der sie angesiedelt ist. Christ sein, Kirchengemeinde sein bedeutet nach dem Auftrag des Herrn der Kirche(n): Die Bewegungen und Ausstrahlung nach außen in die weite Welt.

Dies haben wir nach dem bis jetzt berichteten deutlich vor Augen!

Ein Dorf - aus der Vogelschau über Deutschland gesehen - mit nicht besonderer Größe.
Eine noch volkskirchliche Gemeinde der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers eher kleinerer Sorte. Und doch geht von diesem Dorf manches an Impulsen in die Welt! Ich denke dabei eben auch an die jährlichen Olivenöl-Abholtage, sowie an Blechinstrumente „Made in Wilstedt“, die berühmte Größen spielen.
So ging und geht von der Kirchengemeinde etwas aus, weit über die Orts-, Landes- und Kontinentgrenzen hinweg.

Nun wird man um der Wahrheit und Gründlichkeit willen auch feststellen, dass die Kirchengemeinde gleichfalls beeinflusst ist durch Rückwirkungen auf ihr Außenengagement!

Es kam und kommt – ungewollt – als Begleiterscheinung:
- zu Rückfragen an den christlichen Lebensstil hier im kleinen Dorf Norddeutschlands zur Bereitschaft, in der Toleranz zu wachsen!
- zu nötigen Neuklärungen über das Fundament vom Glauben und Leben in Kirche und Kirchengemeinde.
- zu Anfragen im volkswirtschaftlichen und ökologischen Denken.
- zur Einsicht verschiedener Modelle des politischen Miteinanders.

Rückwirkungen auf das Leben in der lutherischen Kirchengemeinde vor Ort und im alltäglichen Leben.
Diese Wirkungen geschahen wohl schon seit dem 1. Missionsfest in unserer Kirchengemeinde.

Pastor Ludwig Harms predigte im Jahr 1860 auch in Tarmstedt.

Wer Predigten heute von ihm liest wird feststellen: Sie sind lang, sehr lang für unsere Hörgeduld und Aufnahmewilligkeit. Sie wirken jedoch bis heute auf den Leser fordernd in ihrer Eindringlichkeit und heiligen Einseitigkeit.

Nicht nur für die damalige „Heidenwelt“, auch für die Menschen in Deutschland, im damaligen Königreich Hannover ist Ludwig Harms ein Rufer für die Entscheidung zu einem Leben unter der Führung des Herrn Jesus.

Die Predigt und Prägung durch Pastor Ludwig Harms beinhaltete automatisch eine klare Ethik nach christlichen Grundsätzen.

Zu beachten ist: Es gab auch damals schon andere, liberalere ethische Denk- und Lebensmodelle des Christseins. Zum Beispiel war die sehr von christlicher Vernunftsgläubigkeit gefärbte Ethik Immanuel Kants wesentlich freigeistiger als die Vorschläge von Ludwig Harms. Unwidersprochen bleibt: Wo Christsein nach dem Rat von Pastor Ludwig Harms gelebt wurde, da kam es oft zum Rückgang des Alkoholismus, des unerbittlichen Streitens, zu friedlicherem Miteinander.

Der Gemeinsinn und die Förderung von schwächeren Mitmenschen geschah weniger programmatisch, sondern aus Glaubensgründen eher beiläufig – aber nachhaltig wirksam.

Die Niedersächsisch-lutherische Heimvolkshochschule Hermannsburg ein Segen für die Landbevölkerung.

Diese Institution in Hermannsburg ist für unsere Großregion Kreis Zeven – Rotenburg nachhaltig gewesen! Sie wurde 1919 vom Hermannsburger Missionsdirektor Georg Haccius gegründet. In Anlehnung an dänische Vorbilder war das Ziel, im Zuge des demokratischen Aufbruchs nach dem Ende des 1.Weltkriegs junge Leute auf dem Land durch ein allgemeines christliches Bildungsangebot zu stärken. Im sogenannten Sommerkurs kamen junge Frauen aus ländlicher Region zu einem Sommerkurs nach Hermannsburg, analog im Winterkurs junge Männer. In diesen Kursen ging es nicht nur um einen Glaubens- und Lebenskurs für junge Erwachsene. Haccius wollte Menschen befähigen, Verantwortung zu übernehmen - für sich und andere, in Gesellschaft und Kirche. Wie viele Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, wie viel verantwortlich Mitarbeitende in kommunalen Gemeinderäten, genossenschaftlichen Vorständen auf Grund der Prägung durch die Hermannsburger Volkshochschule oder den Externbesuch der Christianschule Hermannsburg gewonnen wurden, ist kaum feststellbar.

Wer über den „Tellerrand“ hinaus schaut - in die weite Welt -, der gewinnt an Toleranz

Pastor Rudi Blümcke Aufgabe:Brücken bauen!
Pastor Rudi Blümcke Aufgabe:Brücken bauen!
Pastor Rudi Blümcke Aufgabe:Brücken bauen!
Pastor Rudi Blümcke Aufgabe:Brücken bauen!

Natürlich ist wohl die Hauptbeeinflussung zum toleranten Lebensstil durch die Beeinflussung der nahen Großstadt Bremen in unser Dorf gekommen. Geistig begründet und unterlegt ist diese Haltung dann aber auch durch das Kennenlernen anderer Kulturen und Glaubensentwürfe, wie es durch den Kontakt mit den Missionskräften und später mit Christinnen und Christen aus anderen Ländern und Kontinenten ermöglicht wurde. Ich nenne zwei Begegnungen der letzten Jahre: Der jetzt in der Stadt Münden als Pastor arbeitende Rudi Blümcke war als Hermannsburger Mitarbeiter seit 1995 in Sibirien tätig, um Christen im Umfeld der Industriestadt Krasnojarsk zu einer Gemeinde zu sammeln. Ich fragte ihn einmal nach der wichtigsten Nachricht für uns, in der Wilstedter Gemeinde, aus seinem Erfahrungshintergrund in dieser Millionenstadt Neurusslands. Er sagte mir ohne zu zögern: „Lehre die Konfirmanden (und auch wieder in Gemeindekreisen die Erwachsenen) die 10 Gebote!“ Ich fragte noch einmal prüfend nach, ob er mich auf den Arm nehmen wolle. Rudi Blümcke blieb bei dieser schlichten Aussage. Und ich machte mir in der Tat Gedanken darüber, wie bei uns zwar die 10 Gebote „da sind“, aber tatsächlich aus persönlichen Gründen bei Bedarf ausgeblendet werden und dann nicht „da sind“, nicht wirken.

Den Alten beistehen! Sie sind geboren und aufgewachsen im kommunistischen Russland. Wurden trotzdem als Kinder geprägt von den deutschen und christlichen Werten der Eltern. Dann aber verachtet, verfolgt; und später geduldet. Wie sollen sie das 'moderne Leben' in der eigenen Familie, sowie die Enkel also Kinder und Jugendlichen verstehen. Pastor Blümcke war neun Jahre lang glaubwürdiger Vermittler.

Missionar Thomas Haase an der Basis. Hier im Kontakt im Inland der Gimbi Jorgo Synode der evangelisch-lutherischen Kirche Äthiopiens
Missionar Thomas Haase an der Basis. Hier im Kontakt im Inland der Gimbi Jorgo Synode der evangelisch-lutherischen Kirche Äthiopiens

Im Jahr 2008 waren der in Äthiopien in der Mekane Jesus Kirche arbeitende Missionar Thomas Haase und seine Frau Ayantu Mosisa Kenei in unserer Gemeinde zu Gast. Auf dem Passepartout ihres Berichtes wurde nebenbei über die Aufgabe und Praxis des Strafvollzugs in Gefängnissen berichtet. Wie dankbar wurden die Anwesenden, dass trotz aller Diskussionen über den Strafvollzug in unserem Land, der psychologische-soziologische Weitblick bei der Justizvollzugsarbeit, als Norm in unserem Land größere Chancen für einen neuen Lebensentwurf beinhalten kann, als in anderen Ländern.

Die Basisarbeit gibt Einsichten für die Arbeit als Theologe in der Aster Ganno Literatur-Gesellschaft in Aira, ( Fort- und Weiterbildungen von Haupt- und Ehrenamtlichen; Gefängnis-Seelsorge und Arbeit mit Studierenden der unterschiedlichen Fachhochschulen in Gimbi).

Manche Irritationen in unserer Zeit werden etwas korrigiert durch ein gesunderes Lebensempfinden in anderen Ländern und ihren Kirchen

Es geht jetzt nicht um eine oberflächliche Gegenüberstellung: Hier ist Irritation – dort in den jungen Kirchen ist Klarheit!

Es ist aber wohl eine Grundeinsicht ( für verschiedenste Bereiche gültig ), dass man selbst manchmal geblendet ist vom alltäglichen Zeitgeist, Milieu, common sence [= Gemeinsinn /gesunder Menschenverstand]. Wie hilfreich ist es dann, christliche Inhalte, Lebensweisen, Planungen einmal aus einer anderen Sicht, auf einem anderen „passe partout“ anzuschauen. Diese Hilfe können nicht nur wir den Kirchen in anderen Kontinenten geben, sondern sie können dies auch uns gegenüber. Jesus war kein Deutscher, kein Tswana, kein Russe, kein Amerikaner! Jesus ist gleichfalls für Deutsche, Tswanas, Russe, und Amerikaner usw. Mensch geworden. Viel Unsegen ist in den Kirchen verschiedener Nationen entstanden, weil man seine eigene Nationalidentität überbetont hat, uns Jesus „übergehängt“ hat. Manches Mal hat es unserer Gemeinde gut getan, dass Christen aus anderen Ländern und Völker fragten: Warum tut, gestaltet ihr „dies“ „so“? Habt ihr wirklich biblisch fundierte Gründe, oder sind es ethnologische Grundmuster, die den eigentlichen christlichen Glauben gefärbt oder sogar verfärbt haben?

Warum legen wir als Kirche unseres Landes wert darauf, aller Welt den Wunsch und Befehl Jesu Christi zu sagen, jedoch unser Leben sieht und lebt das liberaler?

Da ist schon bemerkenswert, wenn ein augenscheinlich im christlichen Glauben fester afrikanischer Pastor nach einer Deutschlandzeit das Resümee zieht: Eure Kirchen in Deutschland sind weitgehend beeindruckend. Das Christsein vieler Kirchengemeinden macht einen schwächelnden, ungewissen Eindruck. Manchmal ermutigen uns jene aus den „jungen Kirchen“: Go back to the roots! [= Kehrt zurück zu den Wurzeln des christlichen Glaubens!] Lasst euch nicht vorschnell von jeder ethischen neuen Welle im innersten erschüttern! Schaut euch das an im Blick auf die Aussagen der Heiligen Schrift und den Glaubensgrundlagen der lutherischen Kirche weltweit!

Wer in anderen Ländern und Kontinenten mit Christen versucht zu teilen, der kommt auch zu Anfragen im volkswirtschaftlichen und ökologischen Denken.

Das Erleben dort führt zu Fragen hier! Wer ein wenig erlebt, wie in anderen Kontinenten und Ländern gearbeitet, erarbeitet, gehandelt wird, der wird wach auf das Ergehen der Arbeitenden schauen. Wie viel wird von wem gearbeitet? Unter welchen Bedingungen wird gearbeitet? Wie wird mit den Ressourcen in den jeweiligen Ländern umgegangen?

Es beunruhigt schon, wenn im klaren Flusswasser die Fische mit dem Bauch nach oben „schwimmen“ !
Kontinente sind letztlich bei diesen Bereichen nicht voneinander abgegrenzt. Nicht nur das Evangelium ist auf die ganze Welt bezogen!

Zum Schluss

Nicht nur die kritischen Leser werden Anfragen haben bei diesem Aufsatzthema:
Das Kirchspiel Wilstedt mit seinem Einfluss auf die weite Welt und mit dem Beeinflusstwerden von der weiten Welt.

Die Frage ist: Wo erkenne ich das spürbar?
Sie ist intellektuell berechtigt, jedoch nicht gleichwertig zu beantworten.

Worum es mir geht:

Eine -unsere- Kirchengemeinde ist nach dem Willen Christi nicht nur für sich selbst da, sondern auch für andere. Daraus -wurden im Zusammenspiel mit vielen anderen Faktoren- „andere Christen und Kirchen, an anderen Orten“. Diese wiederum spiegeln uns viel, was uns zur Hilfe und zum Segen wurde und wird. Das ist nicht tagtäglich sichtbar oder kontrollierbar, aber es ist wirksam da! Das sollte uns dankbar und froh machen.

Norbert Hintz im Oktober 2009

Ein Nachwort zu der Erwartung einiger Leser in diesem Kapitel „Kirche“:

[pclass=kirche_zitat]Wer vielleicht diese Festschrift in die Hand nimmt und berechtigt einen geschichtlichen Längsschnitt der St.Petri-Kirche und des Kirchspiels Wilstedt sucht, der wird an dieser Stelle enttäuscht. Aber diesem Interesse kann Abhilfe gegeben werden durch das sehr gute Buch: Wilstedt – Kirchdorf an der Wörpe aus dem Herzen und sorgfältigen Wissen des Historikers, Lehrers und „meines“ Organisten“ Hans-Werner Behrens. Ihm ist es zu danken, dass dies solide Werk auch nachfolgenden Generationen sicheren Einblick in das Kirchspiel gibt.

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